Warum Langeweile wichtig ist und wie sie die Kreativität beflügelt
- erunwinter
- vor 25 Minuten
- 5 Min. Lesezeit
„Mamaaaa, mir ist soooo langweilig!“
Achtung, Hochrisiko-Moment: Es ist Samstag, 14:07 Uhr. Draußen regnet’s Bindfäden, das letzte Puzzle wurde gestern zu Ende geklebt, und Netflix schlägt vor, doch mal wieder diese eine Folge „Schwertkampf im Weltall“ zu schauen.
Was machst du?
a) Schnell ein Bastelset holen
b) Die Küche in ein Mini-Backstudio verwandeln
c) Die Kinder ins Auto stecken und spontan zum Museum fahren (was eigentlich keinen so richtig freut)
d) Tief durchatmen und denken: „Prima. Endlich ist ihnen langweilig.“
Wenn du bei d) nur müde gelächelt hast und innerlich „Haha, ja klar, und danach fliegen wir alle zum Mars“ gedacht hast, bleib dran. Dieser Artikel ist für dich.
Inhalt
Langeweile: Der unterschätzte Rohstoff der Fantasie
Weißt du noch, wie es früher war? Als du stundenlang mit einem leeren Schuhkarton gespielt hast und dabei überzeugt warst, er sei ein Raumschiff, ein Pferdestall und eine geheime Forschungsstation in einem? Ohne Timer, ohne Anleitung, ohne Pinterest-Idee?
Langeweile war der Startpunkt. Die Rampe ins Kopfkino. Der Moment, in dem aus nichts plötzlich alles wurde. Und genau das dürfen wir unseren Kindern heute auch wieder zutrauen.
In Phasen von Unterforderung fängt das Gehirn an, sich selbst zu beschäftigen und das nicht mit Blödsinn, sondern mit Kreativität. Daydreaming ist quasi der Wellnessurlaub fürs Denkzentrum.
Warum wir Eltern so ungern Langeweile zulassen
Wir sind eine Generation von Programm-Macherinnen: Vormittags Schule, nachmittags Sport, abends noch kurz Matheübungen und eine Englisch-App, weil „das ist ja alles für ihre Zukunft“. Wir meinen es gut und fühlen uns gleichzeitig schuldig, wenn das Kind planlos aufs Sofa starrt.
Doch hier kommt der freundliche Reminder: Kindliche Langeweile ist keine Lücke im Stundenplan, sie ist der Startpunkt für Ideen.
Was passiert, wenn wir nicht sofort eingreifen, wenn Kinder sich langweilen?
Kinder fangen an zu basteln: mit Klorollen, Papierresten und meinetwegen Kronkorken.
Sie spielen Theater, mit der Katze in der Nebenrolle.
Oder sie erfinden eine ganze Geschichte über einen Jungen, der in eine fremde Welt katapultiert wird … (Du spürst, worauf ich hinauswill 😉).
💡 Kleiner Einschub: Genau aus einem solchen Moment der Langeweile ist meine Kinderbuchserie entstanden. Da saß zwar kein Kind, sondern ich, langweilte mich, starrte aus dem Fenster – und fing plötzlich an, eine eigene Welt zu erschaffen. Zack, Fantasie aktiviert!
Tipps für Eltern, die unkontrolliertes Nichtstun nervös macht
Ja, ich seh dich. Du willst helfen, weil Stille dich kribbelig macht. Du hast Listen und Pinterest-Boards. Aber hier ein paar sanfte Übergänge ins kreative Nichtstun:
🛋️ 1. Nichts anbieten, nur Raum schaffen
Mach’s wie ein unsichtbarer Bühnenarbeiter: Stelle Requisiten hin (Decken, Kartons, alte Kostüme), aber halt dich aus dem Drehbuch raus.
⏳ 2. Widerstehe dem Sofort-Programmierungs-Drang
„Mama, mir ist langweilig.“ – „Aha.“
Das reicht. Nicht jeder Satz braucht eine Lösung. Vielleicht einfach mal nur ein: „Ich bin gespannt, was dir einfällt.“
🔄 3. Kreativität kommt in Wellen
Mal sitzen sie da wie ein nasser Lappen auf der Couch, dann plötzlich wird das Wohnzimmer zum Detektivbüro. Gib dem Prozess Zeit. Und dir eine Tasse Kaffee.
📚 4. Schick sie auf Fantasiereise
Manchmal hilft ein kleiner Impuls: „Was wäre, wenn dein Stift zaubern könnte?“ Mehr brauchst du nicht. Kein Konzept, keine Bastelvorlage. Nur eine Frage.
(Übrigens, genau so starten die Abenteuer in meinem Buch. Einfach durch eine Frage. Und schwupps, sind wir mitten in der Geschichte.)
Warum Eltern sich auch mal langweilen sollten
Stell dir vor, du sitzt da, Handy aus, Kinder weg, To-do-Liste ignoriert. Erst fühlst du dich nutzlos Dann plötzlich … BOOM! Dir fällt ein, dass du mal gerne gezeichnet hast. Oder Briefe geschrieben. Oder Geschichten erfunden hast.
Langweilen ist kein Zeitverlust. Es ist ein Geschenk. Für Kinder und für uns.
Und was ist mit „sinnvoller Freizeit“?
Oh, das ist ein schönes Buzzword, nicht wahr? „Sinnvolle Freizeit.“ Klingt nach Bastelnachmittag mit pädagogischem Mehrwert. Wir wollen so gern, dass unsere Kinder was machen, und zwar was „Gutes“. Am besten was fürs Leben. Oder wenigstens für die Bewerbungsmappe für den ersten Ferialjob.
Aber weißt du was? Die besten Ideen entstehen nicht im „Sinnvollmodus“. Sondern im Gammel-Look auf dem Sofa. Beim Löcher-in-die-Luft-starren.
Kreativität braucht keine Vorlage
Das ist so ein Punkt, bei dem man sich selbst mal freundlich auf die Finger hauen darf. Denn ja, klar: Ein Bastelbuch ist nett. Aber echte Kreativität will kein „Schneide das entlang der Linie aus“-Erlebnis. Sie will eine Decke, drei Socken und einen Schuhkarton.
Meine Kinderbuchserie wäre nie entstanden, wenn ich mich an eine Vorlage gehalten hätte. Oder an einen Tagesplan. Oder an Vernunft.
Für alle, die Struktur trotzdem lieben
Ich hör dich. Du brauchst ein bisschen Ordnung. Einen Hauch Kontrolle, wenn Langeweile bei den Kindern aufkommt. Verstehe ich voll.
Dann versuch doch mal das hier:
Langeweile-Zeit bewusst einbauen. Schreib in den Familienkalender: „15–17 Uhr: kreative Langeweile“. Wenn es drinsteht, ist es offiziell erlaubt.
Kreativkiste anlegen. Nicht zum Bespielen, sondern als Inspirationsfundus. Altpapier, Glitzerreste, alte Stofffetzen, Knöpfe, alles rein da. Und dann: Augen zu und reinfassen.
Eine „Was-wäre-wenn“-Liste schreiben. Die hängt an der Wand und enthält Sätze wie: „Was wäre, wenn du unsichtbar wärst?“ oder „Was wäre, wenn dein Handy sprechen könnte?“ Zack, Startpunkt für eine Geschichte.
Und wenn du möchtest, dann lies deinem Kind mein Buch vor. Nicht, weil es eine Vorlage liefert, sondern weil es zeigt, dass Fantasie überall wohnen kann.
Was Langeweile mit Selbstwirksamkeit zu tun hat
Wenn Kinder lernen, mit Langeweile umzugehen, entwickeln sie Selbstwirksamkeit. Also das Gefühl: Ich kann etwas aus eigener Kraft erschaffen, ohne dass Mama, Papa oder YouTube mir sagen, wie’s geht.
Das macht was mit einem. Mit dem Selbstbewusstsein. Mit der Vorstellungskraft. Und mit der Fähigkeit, auch später im Leben nicht bei jedem freien Moment gleich aufs Handy zu starren.
„Ich bin nicht faul. Ich denke nach.“ Das sollte auf jedem T-Shirt eines Kindes stehen, das sich langweilt.
Eltern dürfen auch mal Langeweile vorleben
Ja, du darfst dich auch mal demonstrativ aufs Sofa legen. Nicht lesen, nicht scrollen, nicht Wäsche falten. Einfach mal… rumliegen. Kinder beobachten uns. Wenn sie sehen, dass Erwachsene sich auch mal eine mentale Auszeit gönnen, lernen sie: Nichtstun ist nicht gefährlich, es ist erholsam.
Langeweile ist kein Mangel. Sie ist kein Erziehungsfehler. Sie ist auch kein Zeichen, dass du „dir mehr Mühe geben müsstest“. Sie ist ein Geschenk an die kindliche Fantasie. Eine Einladung an unsere Kinder, ihre eigene Vorstellungskraft zu entdecken. Und eine herrliche Gelegenheit für uns Eltern, einen Gang runterzuschalten.
Also, beim nächsten:
„Maaaama, mir ist sooo laaangweilig!“
Einfach zurücklehnen.
Trau dich. Lass die Lücken im Tagesplan. Lass das „Was machen wir jetzt?“ mal offen.
Und wenn dein Kind dann nach fünf Minuten murmelt: „Ich hab eine Idee …“
Dann weißt du: Die Magie hat begonnen.
Ein kleiner Buch-Hinweis:
Meine Kinderbuchserie (ab 10 Jahren) entführt dein Kind in genau solche magischen Fantasiereisen. Ideal zum Vorlesen, Selberlesen oder Gemeinsam-Wegträumen. Der 1. Band erscheint im Februar 2026.
Zum Mitnehmen
✅ Langeweile ist wertvoll
✅ Kreativität braucht Raum
✅ Eltern dürfen chillen
✅ Meine Kinder-Buchserie hilft beim Kopfkino
Na dann: Viel Spaß beim Nichtstun und beim Staunen, was passiert, wenn man Kinder einfach mal machen lässt.




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